eCPR - Perspekive des Rettungsdienstes
- P. Jackel
- 13. Mai
- 4 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 17. Juni
Die Reanimation ist ein standardmäßiges Einsatzbild im Rettungsdienst. Sie tritt regelmäßig auf und folgt einem immer gleichen Ablauf. In den letzten Jahren gab es wiederholt Änderungen in den Leitlinien, die zu praxisrelevanten Anpassungen unseres altbekannten Ablaufes im BLS- und ALS geführt haben.

Seit 2015 findet die extrakoprorale cardiopulmonale Reanimation (eCPR) zunehmend ihren Weg in unsere Leitlinien und damit auch in den realen Einsatzalltag. Die extrakorporale kardiopulmonale Reanimation ist ein Verfahren, das kurzfristig bis mittelfristig die Funktionen von Herz und Lunge übernehmen kann. Sie wird bereits seit Jahren in der Herz- und Lungentransplantationsmedizin eingesetzt. Seit 2015 kommt sie als Überbrückungsmaßnahme („Bridging Therapy“) im Rahmen einer prolongierten Reanimation zum Einsatz, um Zeit zu gewinnen, potenziell reversible Ursachen zu behandeln. Dabei handelt es sich nicht um eine Wunderheilung, sondern um das wertvolle Erkaufen von Zeit, in der eine kausale Therapie des Patienten ermöglicht wird.
Ein Vorteil der eCPR im Vergleich zur konventionellen Herzdruckmassage besteht darin, dass mit der eCPR ein nahezu normwertiges Herzzeitvolumen generieren kann, während die konventionelle Herzdruckmassage lediglich etwa ein Drittel davon erzeugt.
Um frühzeitig eine suffiziente Perfusion sicherzustellen und das neurologische Outcome zu verbessern, wird nach aktueller Studienlage empfohlen, bei Inidkation die eCPR so früh wie möglich zu etablieren.
Einige Konzepte aus England sowie aus Deutschland verfolgen inzwischen das Ziel, die ECMO-Anlage präklinisch mittels Spezialfahrzeugen an den Einsatzort zu bringen, um die Zeit bis zur Etablierung auf unter 30 Minuten nach Kreislaufstillstand zu reduzieren. Ziel sei es laut AHA und der medizinischen Universität Wien die ECMO grundsätzlich innerhalb von 60 Minuten nach Kreislaufstillstand anzulegen – idealerweise sogar innerhalb von 30 Minuten.
Da in Deutschland nicht flächendeckend eine präklinische Anwendung zur Verfügung steht, muss die rettungsdienstliche Versorgung sich an die engen Zeitphasen der Indikationsstellung und Anwendung der eCPR entsprechend angepassen. Ziel muss sein bei bestehender Indikation, innerhalb des 60-Minuten-Zeitfensters eine Klinik mit ECMO-Möglichkeit zu erreichen und die Anlage dort durchgeführt zu haben. Aus aktueller Evidenz ergibt sich daher bei bestehender eCPR-Indikation das rettungsdienstliche Vorgehen nach dem Prinzip „Load and Go“, also der schnellstmögliche Transport in die Zielklinik.
„Load and Go“ im Reanimationssetting bedeutet, eine hochwertige konventionelle Reanimation (BLS/ALS) fortzuführen und sofort den Transport zu beginnen. Für den Transport sollte laut Studienlage eine mechanische Kompressionshilfe verwendet werden, um auch während der Fahrt eine qualitativ hochwertige Thoraxkompression sicherzustellen. Zusätzlich ist eine frühzeitige Voralarmierung des ECMO-Teams der aufnehmenden Klinik notwendig.
Hierbei ist ein reibungsloses, nahezu uhrwerkartiges interdisziplinäres Zusammenarbeiten besonders wichtig, um den Patienten oder die Patientin effizient zu versorgen.

Die Entscheidungsfindung soll nach der Zusammenfassung der aktuellen Studienlage von der Medizinischen Universität Wien für oder gegen eine eCPR möglichst früh getroffen werden und verändert maßgeblich den Einsatzablauf. Empfohlen wird, diese Entscheidung – je nach Quelle – innerhalb der ersten 10–15 Minuten nach Kreislaufstillstand zu treffen. Angestrebt wird häufig eine Entscheidung nach der dritten Rhythmusanalyse. Damit fällt die Entscheidungsverantwortung in Deutschland eindeutig in die Hände des RTW- oder NEF-Teams.
Deshalb sollte jede Entscheidungsträgerin und jeder Entscheidungsträger im Rettungsdienst – unabhängig davon, ob auf dem RTW oder NEF tätig – die Indikationen und Voraussetzungen für oder gegen eine eCPR kennen und diese strukturiert sowie zügig abarbeiten können. Da die Indikationsstellung jedoch komplex ist, sich stetig verändern kann und lokalen Vorgaben unterliegt, empfiehlt es sich, eine Checkliste griffbereit zur Verfügung zu haben.
Der AHA als auch der Studeinlage der Wiener Zusammenfassung entnehmend gilt die eCPR bei einer prolongierten Reanimation mit vermuteter reversibler Ursache als angezeigt. Typischerweise wird die ECMO derzeit bei folgenden reversiblen Ursachen eingesetzt:
Lungenarterienembolie
Akute Hypoxie
Myokardinfarkt
Intoxikation mit herzwirksamen Substanzen
Hypothermie
Sind diese Voraussetzungen gegeben, werden zusätzlich sogenannte Positivfaktoren evaluiert, anhand derer über die Durchführung der eCPR entschieden wird. Diese Positivfaktoren sind nicht einheitlich definiert und können je nach Studie leicht variieren – daher lässt sich keine feste Rangfolge der Faktoren ableiten. Die Einschätzung liegt im Ermessen des Teams vor Ort. Je mehr dieser Faktoren zutreffen, desto besser sind die Erfolgsaussichten.
Die häufigsten in Studien benannten Positivfaktoren sind:
Beobachteter Kreislaufstillstand oder Reanimationsbeginn innerhalb von 5 Minuten
(damit ist auch ein Transport bei beobachtetem HKS unter 5 Minuten relevant)
Initial schockbarer Rhythmus (VF/pVT) oder PEA mit Frequenz > 50/min
(Ausnahme bei V. a. LAE: hier auch Asystolie relevant)
Lebenszeichen unter Reanimation („Signs of Life“ – von CPR-induzierten Bewegungen bis Pupillenreaktion)
Wiederholte ROSC
Alter unter 75 Jahren
Anhaltend hoher etCO₂ > 10 mmHg
Persistierendes Kammerflimmern / pVT
Geringe Komorbiditätslast oder keine terminale Grunderkrankung

Eine vorliegende Patientenverfügung wird als Ausschlusskriterium gewertet. Sie spielt nicht nur bei der Entscheidung zur eCPR, sondern grundsätzlich im Rahmen des BLS- und ALS-Ablaufs eine zentrale Rolle und wird deshalb hier nicht erneut bewertet.
Liegt eine Indikation vor und sind Positivfaktoren gegeben, erfolgt die Fortsetzung der hochwertigen konventionellen Reanimation (BLS/ALS), die Etablierung einer mechanischen Kompressionshilfe (mCPR), die Alarmierung des ECMO-Teams über die Zielklinik/ oder über die zuständige Leitstelle sowie der zügige Transport nach der Load-and-Go-Strategie.
Nach der Übergabe des Patienten sollte immer ein Debriefing durchgeführt werden, um die eCPR-Erfahrung aufzuarbeiten und das Vorgehen an die laufend aktualisierten lokalen Vorgaben und neue Studienlagen anpassen zu können.
Dieser Artikel enstand vor der Veröffentlichung des ECMO-PZC-Konzeptes der Stadt Frankfurt. Pocketkarte im Download aktualisiert.
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Quellen:
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